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Halbe Stunden

2016-03-01_Incoming_AgfaAPX100_mid

Langeweile haben sie hier für mich. Man ist überrascht, wie angefüllt ein Tag auf Reha sein kann, mit Seminaren zu Ernährung, Bewegung, Medikamenten und Entspannung. Mit verpflichtenden Angeboten wie Walking, Ergometer, Wassergymnastik, Muskelaufbau,Qigong, Progressive Muskelentspannung, Nordic Walking, Massagen usw. usf. Wie fordernd so ein Tag sein kann – selbst wenn man in einem fordernden Job zu Hause ist. Aber – und hier liegt der wesentliche Unterschied – zwischen allen Angeboten liegen immer wieder wenigstens 30 Minuten Leerlauf. Leerlauf, den jeder anders für sich nutzt.

Mancher schlurft zum Kaffeeautomaten ECHTE Bohnen – aha, schmeckt gar nicht so, geht eine rauchen Ick hör schon auf!, findet sehr laut Ausländer schlimm Ick muss jar keen Ausländer mögen, ooch keen Flüchtling, findet ganz zufällig im Konsum auf dem Rehagelände zwei, drei Bier Hat keen Cholesterin! oder sitzt schwer atmend auf einem Stuhl in der Lobby Solanga atmet, lebta noch.

Ich hingegen leide. Ich leide unter jeder halben Stunde, die zwischen etwas liegt. Eine halbe Stunde ist immer zu viel und gleichzeitig zu wenig. Außer möglicherweise für Sex. Aber den habe ich hier nicht. Hatta nisch, die Sau! In diesem Zusammenhang fällt für mich auch Masturbation flach. Also habe ich Langeweile. Es soll eine heilende Langeweile sein, sagt man mir hier. Es sollen (so übersetze ich es für mich), Löcher aus halben Stunden geschlagen in eine Wand aus daueraktiven Sekunden, Minuten, Stunden und Tagen sein, durch die man mehr sehen können soll als allein die Wand. Sehe ich nicht. Ich werde unruhig. Ich bin kein Rennpferd. Aber ich bin unruhig wie ein Rennpferd. Oh, ick muss weita, sorry …

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