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Italienreise

Terracina_Unterkunft

Die großen Ferien. Wir fuhren immer nach Italien. Terracina. Mein Vater fuhr die ganze Strecke an einem Stück – 12 Stunden saßen wir so im Auto, wenn es gut ging. Gab es Stau vor dem Brenner, konnten es auch gut und gerne 18 Stunden werden.

Ich erinnere mich an die italienische Autobahn und ihre Tankstellen. Nahm eine davon keine Benzingutscheine des ADAC an, fuhren wir weiter. Manchmal blieben wir deshalb ein paar Kilometer vor der nächsten Tanke liegen. Ich lief dann mit meinen Vater und einem Kanister den Standstreifen der Autobahn lang. Wir trugen keine auffällige Warnkleidung. Ich erinnere mich an braungebrannte Tankstellenwärter mit starkem Haar- und Bartwuchs. Ich erinnere mich daran, dass es dort nie Wechselgeld gab. Stattdessen bekam mein Vater Süßigkeiten — kleine Schokoladentafeln oder Cantuccini. Jedes Mal regte er sich darüber auf, beruhigte sich wieder und meinte, Lire seien sowieso nur Spielgeld.

Vater_TennisIch aber konnte das Spielgeld gut gebrauchen. Neben dem Tennisplatz, auf dem mein Vater eins ums andere Mal versuchte, seine italienischen Gegner niederzustrecken (es gelang ihm nie), gab es einen Flipper und als Highlight den Spielautomaten „Defender“ von Atari. Er schluckte 200 Lire-Stücke. Und was mich betraf, schluckte er sehr viele 200 Lire-Stücke. Den größten Teil des Geldes verdiente ich mir, indem ich den deutschen Touristen am Strand Bier vom Kiosk brachte. Lustigerweise deutsches Bier – damals war es Hacker Pschorr. Es gab am ganzen Küstenabschnitt fast nur Hacker Pschorr. Als hätte ein Vertreter einen guten Deal mit einem einflussreichen Italiener vor Ort eingefädelt. Das Bier am Kiosk zu bekommen war kein Problem – obwohl ich ein Kind war.

Oli_SchaukelIn Italien schien es zu dieser Zeit keinen Jugendschutz zu geben. Ich erinnere mich an italienische Pornocomics die in der Auslage des Kiosks standen. In ihnen wurden Frauen die Brüste verstümmelt, aber erst, nachdem sie von einem eiskalten, aber gutaussehenden Mann richtig durchgefickt worden waren. Der Mann, so stellte sich später heraus, war offensichtlich ein Alien. Warum er ihnen die Brüste abschnitt, konnte ich nicht herausfinden. Ich verstand nur wenig italienisch und außerdem hatte ich das Comic geklaut, wollte also niemanden fragen.

Die Tage waren angefüllt mit Strand, Sonne, Meer und Defender. Fast jeden Tag verbrannte ich mir auf auf dem Sandstrand die Füße. Die Haut verbrannte ich mir sowieso jeden Tag und pellte mich dann. Ich erinnere mich an den intensiven Geruch von Tiroler Nussöl – damit rieben sich viele Deutsche am Strand ein. So lagen sie dann dunkel glänzend und bald gut duchgesotten in der Sonne. Tag um Tag. Stunde um Stunde. Und ich brachte ihnen Bier. Deutsches Bier.

 

 

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